2022: Alpen

Waaas? Kumpel Horst war noch nie mit dem Moped in den Alpen, als langjähriger Mopedfahrer? Das geht ja gar nicht. Ich war schon ein paarmal mit dem Moped dort und kenne die meisten Highlights und ein paar wenige Geheimtipps. Das Ziel war, möglichst viele der Highlights abzuklappern und so einen Gesamteindruck zu vermitteln und Appetit auf mehr. Tagestouren sollten etwa 350 km sein, dabei sein musste Stilfser Joch, Großglocker Hochalpenstraße und die Kaunertaler Gletscherstraße, die ich 2021 lieben gelernt hatte. Klar, da ist ganz viel nicht dabei, die ganzen Westalpen fehlen zum Beispiel. Aber irgendwo muss man ja mal anfangen, und das taten wir.


Tag 1, 689 km, Anreise

Wir trafen uns in Marktoberdorf, im Café/Hotel Greinwald, in dem ich schon einige Male übernachtet hatte. Ein sehr nettes Hotel mit schönen Zimmern, einer netten Terrasse, in einem ruhigen Ortsteil. Meine Anreise war ereignislos, 16-24 Grad, etwas Nieselregen, kein Stau. Als ich im Hotel ankam, war Horst schon da und hatte Bier bestellt. Abends gingen wir in den Ort und aßen leckere Pizza im Central Marktoberdorf, wo es mein Lieblingsbier Augustiner Hell gab. Ein bißchen lästig dabei war eine Minidemo von Verschwörungs-Dullis, die um den Block zog und dabei einigen Lärm machte.

Tag 2, 350 km, Marktoberdorf nach Schneizlreuth

Bei der Abreise vom Cafè/Hotel Greinwald bekam wie üblich jeder eine hausgemachte Praline. Dann noch durch schöne Landschaft, aber erstmal etwas langweilige Straßen nach und durch Österreich. Der Gerlos Pass ist fahrenswert, der Rest, naja. Man arbeitet sich ja langsam heran. Die nächste Übernachtung (alle Übernachtungen hatte ich vorgebucht) fand im Landhotel Mauthäusl statt. Auf der Webseite steht „Unerreichbar und offline sein“ – das ist wörtlich zu nehmen! Mobilfunknetz ist hier nicht vorhanden, in der Nähe der Rezeption (10 m Umkreis) gibt es ein WLAN und sonst nix. Wenn man auf den Zimmern ins Internet möchte, bekommt man (nach der Frage, welchen Steckertyp sein Endgerät hat) ein Kabelkonstrukt, was über das Netzwerk, was den Fernseher im Zimmer mit Programm versorgt, Internet bekommt. Wenn denn das Smartphone, oder was man anschließen möchte, das auch versteht. Das Essen, das Bier und das Zimmer waren aber fantastisch, ich hatte eine ganze Zimmerflucht.

Tag 3, 396 km, Schneizlreuth bis Großglockner

Wir starten im Funkloch bei allerbestem Wetter. Am Großglockner wollten wir erst gegen 17 Uhr eintreffen. Einerseits wissen wir, dass es dort tagsüber sehr voll ist bis hin zum Schlange stehen, andererseits dachten wir, die Mautstelle schließt um 18 Uhr (tut sie nicht, im Sommer ist sie länger geöffnet), und wir wolten ja oben übernachten. Aber der Reihe nach: Zuerst fuhren wir am Obersalzberg/Berghof vorbei. Hier hielten wir gar nicht erst an, bei strahlendem Sonnenschein fuhren wir anschließend die mautpflichtige Rossfeld Panoramastraße. Und das ist eine absolute Empfehlung, wenn man mal in der Nähe ist!

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Die Tour schlängelte sich weiter zum Mondsee, Attersee, Wolfgangssee, Hallstädtersee und dann nach Süden. In Bischofshofen gab es ein Eis und dann schon wieder eine sehr schöne Strecke am Hochkönig. Schließlich waren wir am Großglockner angekommen, wo wir dann für zwei Mopeds erstmal schlappe 56€ berappten. Das ist zwar nicht von schlechten Eltern, aber allemal wert, vor allem wenn man später am Tag dort ist und es nicht mehr so voll ist. Hier war dann erstmal „freies Fahren“, Horst und ich machten jeder unser eigenes Ding und genossen die Straße und die Ausssicht. Man sollte bei so etwas allerdings auch auf die Radarfallen achten, die hier durchaus zahlreich zu finden sind. Ich fuhr auch zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe, wo man einen Blick auf den Gletscher werfen kann.

Die Übernachtung im Berggasthof Edelweißspitze war schon sehr lange vorgebucht, da ist in den Sommermonaten kurzfristig gar nichts zu bekommen. Wieder hatte ich Komfortzimmer gebucht, etwas dekadent, aber mit eigenem Bad. Auf 2571 m zu übernachten ist etwas besonderes und ich war sicher nicht das letzte Mal dort. Die Mopeds stehen in der Garage, das Bier ist lecker, das Abendessen ist rustikal und einfach, ebenso das Frühstück. Abends und nachts wird es empfindlich kalt, die Farbwechsel am Himmel bei Bewölkung sind spektakulär. Von der Aussicht da oben kann man nicht genug bekommen und wenn der Verkehr gegen 19 Uhr nachlässt, ist es absolut ruhig.

Tag 4, 375 km, Großglockner bis Varena (Cavalese)

Nachdem wir nochmal zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe gefahren sind und den Gletscher beguckt haben (sah genauso aus wie am Tag zu vor), gab es ein paar ganz große Namen: Plöckenpass, Cortina d’Ampezzo, Passo di Giau, Passo di Campolongo, Grödnerjoch, Sella del Culac, Sellajoch, Col de Toi (ein Teil der Sellarunde), Karerpass, Lavazzejoch. Bei der Abfahrt oben an der Edelweißspitze hatte es 11 Grad, unten waren es 23, es hat zuerst etwas genieselt. Dann wieder bestes Wetter. Die Sellarunde war glücklicherweise nicht so voll wie ich sie schon mal gesehen hatte, so konnte man Kurven und Aussicht gleichermaßen genießen. Hier ist sehr viel neu geteert, der rutschige Asphalt von früher ist zum Glück Geschichte. Nach der Sellarunde war es etwas langweilig, zu viele Städtchen, zu rödelig mit meistens maximal 50 km/h. Am Ende hat es das Lavazzejoch allerdings wieder rausgehauen.

In Arabba gab’s ein Eis, in Forni Avoltri auf einer Bank Baguette mit Käse und Tomaten.

Übernachtet haben wir im Hotel Alpino, eine absolute Empfehlung! Beste Zimmer, fantastisches Essen und günstiger Preis. Das Frühstück war für Italien sensationell, Riesenauswahl, beste Qualität.

Tag 5, 384 km, Varena bis Bormio

Der wärmste Tag, losgefahren sind wir bei 24 Grad, zwischendurch waren es 39 Grad. Es war Gewitter angesagt, davon haben wir aber wenig gesehen, nur einmal gab es ein paar dicke Tropfen. Diese Route zeichnet sich durch sehr viele kleine Pässe aus, fast alle sehr empfehlenswert waren. Eigentlich ist der heutige Tag ja nur als Verbindung zwischen Dolomiten und Stilfser Joch gedacht gewesen, es war aber keineswegs nur ein Lückenfüller. Man sollte sich den südlichen Bogen auch gönnen, denn die Verbindung auf der Höhe von Bozen zum Stilfser Joch über die SS42 ist nur begrenzt interessant. Besonders schön war der Passo di Croce Domini ab dem Lago D’Idro. Vor Edolo machten wir Rast bei einem im Wald alleinstehenden Haus mit Grillplatz und Brunnen. Etwas herumgoogeln brachte dann heraus, dass es sich um eine mietbare Ferienresidenz einfacher Klasse handelt: Brominetto.

Das Hotel Meuble in Bormio ist nicht empfehlenswert. Es war zwar nicht schlecht, nette Zimmer, aber einfach zu teuer. Das Ankommbier war Poretti – ja, genauso, nicht Moretti sondern Poretti. Abendessen gab es auch keins, so dass wir in den Ort wanderten und dort etwas suchten. Ein Restaurant Kuerc auf dem zentralen Platz sah gut aus, so setzten wir uns. Die Karte zeigte anspruchsvolle Preise und es gab Isenbeck Bier, eine Marke aus Hamm, die vor längerer Zeit von Warsteiner übernommen wurde ? . Die Tische standen wegen des abfallendes Platzes so schräg, dass man aufpassen musste, dass das Glas nicht umfiel. Das Essen war medium gut, aber recht teuer. Kann auch sein, dass wir einfach an dem Abend nicht gut drauf waren, aber wenn ich nochmal in dem Ort wäre, würde ich woanders essen.

Später am Abend war es dann doch richtig nett. Wir stellten fest, dass es in der Bar gegenüber vom Hotel Moretti gab. Das letzte Moretti dann tranken wir im Liegestuhl auf der Vorgarten-Hotelwiese, Horst hat es freundlicherweise von gegenüber geholt.

Tag 6, 326 km, Bormio bis Marktoberdorf

Bestes Wetter, blauer Himmel! Heutige Höhepunkte sind das Stilfser Joch (für mich das erste Mal nur in Süd-Nord-Richtung, vielleicht?) und die Kaunertaler Gletscherstraße, die es mir schon im letzten Jahr angetan hatte. Hier machten wir unten am Stausee längere Rast mit Brot/Käse/Tomaten, ein paar Fotos mit der Drohne habe ich dort auch gemacht. Während dieser Tour nervte ich Horst etwas mit der häufigen Frage „Tomätchen?“, wenn ich ihm zum Mittagessen Tomaten anbot. Heute blieben ein paar Tomaten übrig, die Horst mitnahm.

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Nachdem wir ganz oben den obligatorischen Gletschertunnel besichtigt hatten ging es weiter über den Reschenpass (langweilig wie immer mit, ebenfalls wie immer, enormem Menschenauflauf an der abgesoffenen Kirche) und dann leider über den Fernpass, weil das Navi sponn. Eigentlich wollte ich über das viel schönere Hahntennjoch fahren, aber naja. Abends checkten wir wieder im Cafè/Hotel Greinwald ein, wo wir uns am Anfang getroffen hatten. Da die Pizza und das Bier im Dorf sehr lecker waren, haben wir das wiederholt, zum Glück diesmal ohne Verschwörungs-Dullis-Demo.

Tag 7, Heimfahrt

Wir trennten uns schon in Marktoberdorf (nach der üblichen Praline im Hotel Greinwald). Der eine wollte noch tanken, der andere nicht und generell haben wir unterschiedliche Arten, auf der Autobahn voran zu kommen. Horst gehört zu der binären Fraktion, also Vollgas oder kein Gas, ich gehöre (inzwischen) zu der Tempomat-Fraktion: ca Tempo 140 und laufen lassen. Ich fuhr über Kassel wegen einer Sperrung der A45, wir hatten also längere Zeit die gleiche Strecke. Ideales Wetter mit 26 Grad und Sonne. Nähe Fulda hatte ich Hunger, fuhr ab und suchte und fand einen Bäcker. Ich kaufte ein belegtes Brötchen und wollte es aus irgendeinem Grund auf einer Autobahn-Parkplatz essen. Also rauf auf die Bahn und am ersten Parkplatz raus. Und wer kam da direkt hinter mir auf den Parkplatz? Horst! Ein unglaublicher Zufall bei total unterschiedlicher Fahrweise, er hätte mich auch genauso gut ein paar Sekunden früher überholen können, als ich den Bäcker suchte. Horst stieg ab, öffnete seine Packtasche, entnahm und öffnete eine Plastikdose und bot mir den Inhalt an mit der Frage „TOMÄTCHEN?!“.

Tatsächlich trafen wir uns dann etwas später nochmal bei Dreieck Kassel, wo ich in Richtung Dortmund abbog. Damit ist mal wieder klar: Die Heizerei auf der Autobahn bringt nix.

Nach gesamt 3167 km kam ich zu Hause an. Eine fantastische Tour, und das, obwohl ich das meiste schon kannte. Wir hatten allerbestes Wetter und Horst hat jetzt Appetit auf mehr!