2020: Steiermark

Wir waren in der Steiermark. Eigentlich wollten wir schon im letzten Jahr eine Österreich-rund-Tour machen, wegen des Wetters waren wir aber nach Italien gefahren. Jetzt aber wirklich Österreich, nur bietet sich ein täglicher Hotelwechsel nicht gerade an, wenn eine Pandemie unterwegs ist. Also sollte ein festes Hotel für die Woche her – aber wo? Wir haben uns die Karte angesehen, dabei hatte ich auch meine letzte Tour im Hinterkopf, wo ich mich über die überfüllten „großen Pässe“ etwas geärgert hatte. Am interessantesten sah die Gegend westlich von Graz aus, also Steiermark und östliches Kärnten. Wir fanden den Gasthof zur Linde in Neumarkt in der Steiermark: Günstige Übernachtung, nicht in einer größeren Stadt sondern eher einsam gelegen, Abendessen möglich für Hausgäste.

Samstag, Autobahn

Wir trafen uns an einem Samstag um 8:30 in Malsfeld, ich musste also gegen 6:30 losfahren. Der Wetterbericht versprach, dass es nach Dauerregen in der Nacht um 6:30 aufhören sollte – und das war tatsächlich so. Ich bin fast trocken bei 13 Grad nach Malsfeld gefahren, Andy war wie immer pünktlich und nach Verladen meines Mopeds auf den Hänger fuhren wir relativ ereignislos die restlichen knapp 800 km bis in die Steiermark. In Bayern hatte es 31 Grad, der Wetterbericht für die nächsten Tage in der Steiermark ließ aber nichts Gutes hoffen: Dauerregen für Sonntag und Montag.

Wir kamen um kurz nach 18 Uhr an und der Wirt sprach zu uns: „Abendessen gibt es zwischen 18 und 19 Uhr.“ Nicht später? Nein, nicht später. Ok, dann also erstmal Ankommbier und Essen. Die Speisekarte ist kurz und ich entschied mich gleich am ersten Abend für mein Lieblingsgericht: Kärtner Kasnudel. Eine Art Ravioli gefüllt mit Topfen und Minze. Nicht süß, frisch zubereitet und enorm lecker!

Die Zimmer (Doppelzimmer zur Einzelnnutzung) waren geräumig, funktional ausgestattet und sauber. Beide mit Balkon, Andy mit Blick ins Tal und ich auf Straße, Wiese und Laterne vor dem Haus. Dafür war mein Zimmer etwas größer.

 

Sonntag, Slowenien ohne Slowenien, 300 km

Das liest sich komisch, tatsächlich sollte eine der geplanten Touren einen Abstecher nach Slowenien machen. Wir waren vor einigen Jahren mal dort und hatten eine Menge Spaß, aber wir beide hatten ein paar Tage vorher einen Bericht gelesen, dass es wegen Corona lange Schlangen an den Grenzen zwischen Slowenien und Österreich geben sollte, und darauf hatten wir keine Lust. Also kürzten wir diese Tour so ab, dass wir in Österreich blieben.

Aber was war mit dem angesagten Wetter? Zum Glück konnte man den Wetterbericht für diese Gegend komplett vergessen, es war sogar teilweise sonnig. Losgefahren sind wir bei 13 Grad und Nebel, zwischenzeitlich waren es 25 Grad und zurückgekommen sind wir bei nun doch strömendem Regen mit Hagel und wieder 13 Grad.

Der erste Teil der Strecke bestand aus langgezogenen Kurven, meist auf mittelgroßen Straßen – ideal für den ersten Tag! In Ebenthal in Kärnten (neben Klagenfurt) setzen wir uns draußen vor eine Bäckerei und aßen unsere ersten Topfen-Golatschen in diesem Urlaub. Ein Traum aus knusprigem Blätterteig, der mit Topfen und manchmal auch Rosinen gefüllt ist. Es gibt Varianten, die mit Puderzucker bestreut sind, die mit einer leicht karamellisierten knusprigen Oberfläche mochten wir aber lieber. Ja, wir haben das öfter gegessen und ja, wir sind auch Moped gefahren 😉

Montag, Gesäuse und Wildalpen, 413 km

Das Frühstück im Gasthof zur Linde ist unspektakulär. Bemerkenswert sind die Brötchen, die trotz ihrer Größe erstaunlicherweise kein Gewicht und entsprechend wenig Geschmack haben. Physikalisch eigentlich unmöglich, aber der Bäcker hat’s geschafft. Bemerkenswert ist außerdem ein Eierkochtopf. Sechs Drahthalterungen mit Griff hängen in heißem Wasser, davor eine Schüssel mit rohen Eiern und eine Armada Eieruhren. Man bestückt eine Drahthalterung mit einem Ei, hängt das in den Wasserbehälter und stellt die Eieruhr, die man mit an den Tisch nimmt, auf 7 Minuten (dauert etwas länger, weil das Wasser nicht kocht). Hier wurde heute der Spruch geprägt: „Soll ich Dir auch ein Ei reinhängen?“

Es sollte heute regnen und es hat geregnet, immer wieder. Wir sind wieder bei ca 11 Grad losgefahren, via St Johann am Tauern und Hohentauern nach Trieben. Dann eine kleine Straße von Trieben nördlich nach Admont. Hier stand am Anfang ein Schild „Achtung Ölspur!“. Nun, man kennt das: Da hat vor Wochen mal jemand ein paar Tropfen Öl verloren, das wurde abgestreut und niemand hat das Schild abgeräumt. Pustekuchen. Das war eine frische Ölspur, durchgängig und etwa 30 cm breit. Nachdem es ein paarmal in schon langsam gefahrenen Kurven wie auf Schmierseife gerutsch hatte, sind wir wirklich die ganze Strecke bis Admont im Schritttempo gefahren und möglichst weit am Rand oder in der Mitte, also bloß nicht auf der Ölspur. Dazu kam die nasse Straße und die Gedanken, was ein Ölfilm auf Nässe so macht: Sich ausbreiten. Das war kein Spaß und demnächst werden wir solche Schilder sicher ernster nehmen.

Der Nationalpark Gesäuse sowie die Strecke danach durch Wildalpen bis Gußwerk sind wieder erste Klasse, wenngleich auch eher zum Schauen als zum Kurvenfahren.

Dienstag, Sackgassentour: Gerlitzen, Villacher-Alpen-Straße, Goldeck, 386 km

Das Wetter hatte sich nun eingeschossen: Morgens neblig und kühl, manchmal einstellig. Tagsüber bis zu 25 Grad und meistens trocken, oft sonnig. Damit waren wir sehr zufrieden. Heute war die sogenannte Sackgassentour an der Reihe. Drei mautpflichtige Straßen, die sehr fahrenswert sind, aber die jeweils Sackgassen sind, man muss als den gleichen Weg wieder zurück.

Die erste Sackgasse war die Gerlitzen Gipfelstraße am Ossiacher See. Und Obacht: Es gibt gleich drei Straßen auf die Gerlitzen Alpe, die meines Wissens alle mautpflichtig sind: Eine von Norden, eine von Westen und „unsere“, die von Süden startet. Alle diese Straßen sind Sackgassen, man kann also oben nicht eine andere wieder herunternehmen. Nach einigem Suchen im Internet entschied ich mich bei der Planung für die südliche, da sie die besten Ausblicke versprach. An der Mautschranke zieht man hier eine Art Parkticket, welches man dann bei der Abfahrt bezahlt. Glücklicherweise wurde der Automat gerade gewartet, so dass man uns durchwinkte. Die Straße ist eng und voller Schlaglöcher, also Fahrspaß auf kleiner Flamme, aber der Ausblick auf den Ossiacher See entschädigt dafür auf jeden Fall!

Westlich von Villach beginnt dann die Villacher Alpenstraße, ebenfalls lohnenswert. Hier kam dann auch einiger Fahrspaß auf, wenngleich hier restriktive Geschwindigkeitsbeschränkungen gelten. Das Trio füllte dann die Goldeck Panoramastraße, die sich südlich des Millstätter See auf knapp 2000 m hochschraubt. Hier begann dann Andys Motorwarnleuchte orange zu leuchten. Wir überlegten, was zu tun sei und beschlossen erstmal lässig damit umzugehen: Wenn uns eine BMW-Werkstatt begegnete, wollten wir mal reinschauen. Und das war auch gut so, wie sich im Nachhinein herausstellte. Die Steuerung der Benzinpumpe, glaube ich, hatte einen Bug und das Moped dachte, es sei etwas damit faul. Es funktionierte aber alles einwandfrei und ein Softwareupdate, als Andy wieder zu Hause war, behob das Problem.

Auf dem Rückweg fanden wir zwei Strecken besonders bemerkenswert: Erst die Strecke zwischen Äußere Einöde und Himmelberg und dann noch die Strecke Weißberg – Flattnitz – Stadl an der Mur, ein Riesenspaß!

Am Dienstag war in unserem Gasthof Ruhetag, es gab also nichts zu essen. Ein Passant erzählte uns vorher schon mal von einem Restaurant mit Mützenkoch (so was wie Sterne) im Nachbardorf, ca. 5 km entfernt. Glocklicherweise schauten wir vorher mit den Mopeds vorbei und stellten fest, dass dort noch bis Freitag dieser Woche Urlaub war. Also gingen wir zu einem Italiener auf halber Strecke an dem Bilderbuch-Furtnerteich: Gasthof Jerà. Hier gab es einen Holzfeuerofen und ausgezeichnete Pizza, heute nahm ich jedoch frische gegrillte Tintenfische, die wirklich frisch waren und sehr lecker.

Mittwoch, Großglockner, 418 km

Andy war noch nie auf dem Großglockner, ich erst vor wenigen Wochen schon. Aber nochmal kann ja nicht schaden. Los ging es wie meistens bei Nebel und 11 Grad. Ein toller Moment, als wir den Radstätter Tauernpass hochfuhren, sich ganz plötzlich der kalte Nebel öffnete und knallblauem Himmel Platz machte! Oben hielten wir an und genossen erstmal die Sonne. Dann weiter zum Großglockner, wo man für ein Moped sagenhafte 27 € Maut bezahlen muss.

Der Großglockner hat ein Problem: Menschen. Viel zu viele Menschen, in allen möglichen Gefährten. Menschen, die die Aussicht toll finden (fanden wir auch), dann aber mitten auf der Straße bei Schritttempo einfach mal anhielten, um ein paar Fotos zu schießen. Menschen, die mit ihren Fahrzeugen nicht umgehen konnten und damit auch den Gegenverkehr behinderten. Nein, ein einigermaßen zügiges Fahren war meistens unmöglich, von Fahrspaß mal ganz zu schweigen. Ich hatte ja schon ein paar Male oben auf dem Großglockner (Edelweißhütte) übernachtet und kann das wirklich empfehlen. Der Vorteil, den ich dabei gar nicht zu schätzen wusste, ist auch, dass man dann am späten Nachmittag hochfährt und die Großglockner Hochalpenstraße um 18 Uhr geschlossen wird. Da ist dann oben wirklich Ruhe, jetzt aber war es zu laut und zu voll.

Zurück am Gasthof dann ein Bier in der Kutte, endlich mal wieder. Wir sahen, wie zwei Mopedfahrer, die in „unserem“ Gasthof übernachten wollten, weggeschickt wurden, obwohl der Gasthof nicht ausgebucht war. Anscheinend nahm man nur vorbestellte Gäste an. Wir wackelten dann wieder zu dem Pizzaladen, diesmal aß ich dann auch eine sehr leckere Pizza Buffalina.

 

Donnerstag, Soboth, Weinebene, Obdach, 309 km

Um es vorwegzunehmen: Wow! Bei 11 Grad ging es los gen Süden, die sanft geschwungene Straße, die wir auch am ersten Tag schon einmal fuhren. Jetzt aber in Brückl hoch Richtung Diex und das war schon einmal das erste Highlight: Fantastische Aussicht, wir pausierten und machten in etwa 56789 Fotos!

Weiter bis nach Lavamünd, wo wir in einem Billa wieder einmal leckere Topfengolatschen kauften, ohne zu wissen, dass wir kurz vor der besten Strecke dieser Mopedtour standen! Die Strecke von Lavamünd via Soboth nach Aibl ist das schärfste, was wir seit sehr langer Zeit gesehen haben! Natürlich kam auch wieder die Diskussion auf, ob das denn Sardinien toppen würde – aber die Diskussion ist müßig.

Und der Tag sollte noch nicht zu Ende sein, das nächste war dann die Strecke von Trahütten nach St. Gertraud, die Weinebene. Wieder Fahrspaß vom allerfeinsten! Jetzt kamen wir nach Bad St Leonhard im Lavanttal, wo wir bei Cafe-Konditorei Prisse ein Rieseneis aßen und von der Strecke schwärmten.

Der Rest war dann eher langweilig, vor allen die Strecke von Judenburg bis Scheifling war ätzend: Permanenter Stau wegen zu vieler Autos und zu vieler Baustellen.

Abends gab es dann … Pizza! Die Speisekarte in unserem Gasthof war ziemlich abgegrast, der Mützenkoch hatte noch geschlossen und mehr gab es nicht.

Freitag, Nockalmstraße, Turracher Höhe, Sölkpass, 393 km

Endlich sollte es die Nockalmstraße werden. Andy ist vor ein paar Jahren dort schon mal entlang gefahren, ich noch nie. Und es lohnt sich, auch wenn das Ding eigentlich schon wieder zu berühmt ist und daher zu voll. Wir sind die Nockalmstraße gen Norden gefahren und anschließend die Turracher Höhe nach Süden. Die Turracher Höhe ist eher unspektakulär, weil die Strecke wenig kurvig ist, mit der maximalen Steigung von 23% aber dennoch Seltenheitswert hat. Der Rest der Strecke war schön, aber nicht weiter erwähnenswert – außer, dass wir noch den Sölkpass angehängt hatten, weil es noch viel zu früh war, um zum Gasthof zurückzukehren. Und das hat sich gelohnt, auch wenn man bis dahin und wieder zurück doch jeweils eine halbe Stunde geradeaus fahren muss.

Am heutigen Abend sollte es also der Mützenwirt sein (eigentlich heißt das Ding ja Knappenwirt in Mariahof, aber weil der Koch angeblich eine Mütze, diese Auszeichnung hatte, sprachen wir nur noch vom Mützenwirt), man hatte ja wieder geöffnet, hieß es. Wir gingen also zu Fuß dorthin und kamen gegen 19:40 an. Nix los, alles duster … Schließlich kam jemand und erklärte, dass an diesem Tag zwar ursprünglich wieder geöffnet sein sollte, aber weil die Gäste ausblieben, hätte man das Personal wieder nach Hause geschickt. Morgen aber, morgen hätte man Hausgäste und dann sei ganz bestimmt geöffnet. Wir sauer. Auf dem Rückweg kamen wir an der Pizzeria vorbei und das war dann auch der Plan des Abends, mal wieder Pizza. Nein, wir beschwerten uns nicht über die Pizza, die war schon lecker – aber den Mützenmann hätten wir schon gerne ausprobiert. Am letzten Tag, also am Samstag, wollten wir doch lieber bei uns essen und nicht noch lange Spaziergänge machen. Der Mützenwirt muss also warten, bis wir wieder in die Gegend kommen.

Samstag, Soboth, Weinebene, Klippitz, 372 km

Um es vorwegzunehmen: Wow! Äh, Déjà-vu? Jep, und zwar mit Ansage. Am Donnerstag hatten wir schon beschlossen, dass wir DAS nochmal machen wollen. Und zwar mit leichter Abänderung, um die Langeweile ab Judenburg zu vermeiden. Der Plan war: Nach dem Eis (auch das musste natürlich wiederholt werden) wollten wir uns nach Westen in die Büsche, äh, Berge schlagen: Das Klippitztörl. Klar, alles andere war wie gehabt und auch beim zweiten Mal ein Riesenspaß. Auch das zweite Mal aßen wir bei Billa in Lavamünd ein Topfengolatschen, diesmal war uns aber klar, dass es direkt danach sehr sehr geil wurde. Das Eis war das langweiligste an dem Tag und das will schon was heißen. Das Klippitztörl hätten wir beim ersten Mal gleich mit einbauen sollen, so war die Runde perfekt und sicher die beste der Tour. Zum Schluss, also vor dem Aufladen der Mopeds, schauten wir noch kurz auf dem Sölkpass vorbei und schlossen so einen perfekten Tag.

Fazit dieser Tour

Das war vielleicht insgesamt gesehen die kälteste Tour von allen? Interessant und gut, dass uns das gar nicht mehr so viel ausmacht. Sicher ist aber, dass es die Tour mit den meisten mautpflichtigen Bergstraßen war – fünf waren es, wenn ich richtig gezählt habe.

Der Gasthof zur Linde ist wirklich empfehlenswert: Sehr preiswert, nette Bewirtung, funktionale Zimmer ohne Schnickimicki. Aber wer hat bloß die 42 Bier auf der Schlussrechnung getrunken?

Zirbenschnaps schmeckt so, wie ein Sauna-Aufguss riecht. Das ist nicht gut!

Der Duft von frisch gemähten Bergwiesen ist immer wieder berauschend. Wenn man an so einer frisch gemähten Wiese vorbeifährt, kann man gar nicht genug einatmen!

2932 insgesamt gefahrene Kilometer. Ich freue mich auf die nächste Tour. Auf die Kurve!