2008: Deutschland

08-d-route.jpgEinmal „Deutschland rund“ war das Ziel dieses Jahr. Bei der Planung haben wir dieses einfache Motto dann etwas aufgeweicht, um die Tour interessanter zu machen. Schließlich heißt es ja „Auf die Kurve“ und nicht „immer geradeaus“. So ließen wir den Norden größtenteils aus und fuhren stattdessen lieber Abstecher nach Tschechien und Frankreich.

Auf der nebenstehenden Zeichnung kann man die Tour erkennen, die roten Kreuze kennzeichnen die Übernachtungen.Wir sind wieder, dank Garmin und vorgeplanter Route, fast keine Autobahn gefahren, sondern nur (nach Kennzeichnung auf einer Generalkarte) gelbe oder graue Straßen.

Tag 1

  • 20080605-123245-misc.jpg 5.6.2008
  • 403 km
  • 8 h 25 min unterwegs
  • 48 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit
  • Start: Nähe Dortmund
  • Ziel: Nähe Braunschweig
  • kml-Track (für Google Earth)

Die erste Etappe führt mich alleine von der Heimat zu Andys Wohnort Nähe Braunschweig. Die Kurven im Sauerland sind zwar bereits bekannt, aber immer wieder eine Reise wert. Westlich am Sorpesee entlang ist ein Muss. Schönes Wetter machte die Fahrt an diesen Tag zu einem Vergnügen, abends wurde dann bei Andy gegrillt.
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Tag 2

Andy hatte noch was zu tun, daher machten wir für Samstag einen Treffpunkt östlich von Berlin aus. Dort kam Andy relativ schnell hin und meine Tour führte eh‘ da vorbei. So fuhr ich also an diesem Tag noch alleine durch die Gegend, um mir den Osten und vor allem die Gegend um die Müritz anzusehen. Gerade in diesen Jahren scheint die Müritz als Urlaubsort sehr angesagt zu sein, und in der Tat ist das eine sehr schöne Gegend. Aufgefallen ist mir besonders die Ungestörtheit – nein, nicht an der Müritz, sondern eher auf dem Weg dorthin. Eigentlich ging es an diesem Tag eher geradeaus (daher wohl die relativ hohe Durchschnittsgeschwindigkeit), aber dennoch hat das Betrachten der Gegend viel Spaß gemacht.
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 Tag 3

Diese Gegend hat mich erstaunt: Südlich von Neustrelitz Richtung Berlin, rechtzeitig vorher aber Berlin weiträumig östlich umfahren. Dabei fuhr ich durch das Barnim, eine wunderschöne Landschaft. Zwar gibt es dort nicht allzuviele Kurven, aber hier einfach langsam durch einsame Gegend zu touren ist hier sehr empfehlenswert.
20080607-095358-misc.jpg Schlimm ist das allerorten anzutreffende Kopfsteinpflaster, meistens innerhalb der Ortschaften. Eigentlich ist das nicht nur Kopfstein-, sondern auf das übelste grob verlegtes Kieselsteingehoppel. Manchmal gibt es seitlich der Pflaster Sandspuren (der sog. Sommerweg), die man mit dem Motorrad recht gut befahren kann. Ansonsten ist Schrittgeschwindigkeit oder Mopedschrott angesagt – ich vermute, dies ist der Grund für den immer noch vorhandenen Folterbelag.
Wir trafen uns mittags in Biegen. Meine Tour führte dort eh‘ durch und Andy konnte per Autobahn schnell dorthin kommen. In der Tat trafen wir um nur 5 Minuten versetzt dort ein.

20080607-175324-andy.jpg 20080607-195728-misc.jpg Wir fuhren weiter durch die Lausitz , hier ist insbesondere der Spreewald zu erwähnen.Wieder einmal eine schöne Gegend, hier aber ein wenig überlaufen. Gerade bei Burg (Spreewald) und Vetschau/Spreewald ist touristisch eher mehr los. In Bautzen suchten wir dann eine Weile, bis wir einen Kompromiss aus „hat noch Zimmer frei“ und „ist bezahlbar“ fanden. In der Pension Stephan gab man uns dann bezahlbar ein ganzes Obergeschoß: Zwei Schlafzimmer, ein Riesenwohnzimmer mit Balkon und ein Bad.

Tag 4

Hmm, wie ärgerlich. Da fährt man in die sächsische Schweiz , weil auf der Karte sich die gelben Kurven dort nur so schlängeln und findet ätzende Fahrverbote.Leider ist der 8.6. ein Sonntag, so dass wir zwangsläufig einen Umweg mit weniger Kurven fahren mussten.

20080608-130726-misc-x.jpg An diesem Tag haben wir auch unsere zwei geplanten Abstecher nach Tschechien (genauer: Böhmen ) gemacht. Sehr interessant, aber die Straßen sind nicht das, was man sich unter zügig zu fahrenden Kurven vorstellt. Das ist aber nicht das einzige Problem dort, der Grenzübertritt war trotz Europa, Schengen usw.ein Wechsel in eine andere Welt. Sieht man in Gegenden im nördlichen Ostdeutschland noch viele seit Jahren verfallene Häuser direkt neben neu renovierten, so fehlen in Tschechien die renovierten Häuser in den Dörfern fast vollständig.

20080608-183914-misc.jpg Mit einem weiteren Abstecher nach Tschechien ansonsten auf der deutschen Seite sind die durch das Erzgebirge getourt. Endlich Kurven! Übernachtet haben wir im empfehlenswerten Gasthof zur Schmiede: Garage, neu eingerichtete Zimmer mit Terasse/Balkon, großer Garten und gutes Frühstück.Das Ankommbier, das Essen und das Spiel Deutschland – Polen der EM2008 zelebrierten wir allerdings im Gasthof gegenüber, dort stand im Gegensatz zu „unserem“ Gasthof ein öffentlicher Fernseher.

Tag 5

Nachdem wir die Reste des Erzgebirges hinter uns gelassen hatten, machten wir einen Schwenker durch das Fichtelgebirge  und landeten im Nördlichen Oberpfälzer Wald . Auch diese Gegend ist für eine weitere Erkundung vorgemerkt – allerdings das nächste Mal ohne Gewitter, bitte. Bisher war das Wetter ja prima, aber ab diesem Tag gab es immer wieder Gewitter, so dass wir einige Zeit in Bushalte-Häuschen oder Supermarkteingängen verbrachten. Auf den Regen warten ist dabei weniger schlimm, geht ja relativ schnell vorbei. Schlimmer ist, dass die Straße anschließend nass ist und somit genussreiches Mopedfahren erstmal ausfällt.

20080609-131748-misc.jpg Auch bei dieser Tour versuchten wir mittags einen im Alimentari, äh, Supermarkt erstandenen landestypischen Imbiss zu uns zu nehmen. Aber irgendwie macht das in Deutschland weniger Spass: Eingeschweisster Thüringer Kochschinken statt leckerem Pancetta , eingeschweisster Höhlenkäse statt frischem Pecorino und holländische Wassertomaten (ja, auch diese kleinen Dinger kommen meistens aus Holland!) statt aromatischer italienischer Tomaten. Nichts gegen Höhlenkäse oder Kochschinken, aber warum muß man in Deutschland für die leckere Variante immer einen Feinkostladen suchen, wo man in Italien einfach einen Alimentari im kleinsten Dorf betritt?

20080609-210014-misc-x.jpg Abends endete die Tagestour im Gasthof zur zum Weißen Schwan, wo wir nette preiswürdige Zimmer bezogen. Das Essen war sehr gut (ok, wieder versöhnt vom Mittagessen 😉 ) und es gab in allen Schänken des Dorfes Zoigl . Es handelt sich dabei um örtlich gemeinsam gebrautes Bier, welches zumindest in diesem Dorf nur an bestimmten Tagen verkauft wurde.

 

Tag 6

Hmm, in dieser Gegend war ich vorher noch nie. Leider. Die Strecke vom Oberpfälzer Wald durch den Bayrischen Wald ist herrlich. Auch hier einsame Straßen, leider ein paar Gewitter, aber eine wunderschöne Landschaft. Zwischen Wörth an der Donau und Kelheim ist es eher flach, aber das ist schnell geschafft und wir waren in Kelheim angekommen. Kelheim sollte unser Tor ins Altmühltal sein, die Stadt liegt an der Altmühlmündung in die Donau. Leider eine sehr schöne Stadt – leider? Ja, denn 20080610-165213-misc.jpg 20080610-195650-andy.jpg das drückt sich auch in den Übernachtungsgelegenheiten und -preisen aus. So waren wir in einem gefühlt 55 Jahre lang nicht renovierten Hotel mit gefühlt 4567890 Zimmern untergekommen. Naja, dort war es dann auch nicht so teuer, war schon ok.

Unterwegs machten wir Rast in Deggendorf, wo es leckeres Eis und Cappuccino gibt.

 

Tag 7

20080611-101509-misc.jpg Altmühltal , Schwäbisch Fränkischer Wald bis Nordschwarzwald . Bei der Tourenplanung war die große Kunst, einen Weg um den Moloch Stuttgart herum zu finden. Das ist gelungen, die Tour führt in einem weiten Bogen bis fast nach Heilbronn, bei Laufen schnitten wir den Neckar und nahmen noch den Naturpark Stromberg-Heuchelberg mit.

Eigentlich wollten wir in Pforzheim übernachten. Aber irgendwie waren Pforzheim und wir nicht füreinander geschaffen. Das, was wir von Pforzheim gesehen haben, war ziemlich hässlich und ungemütlich. So fuhren wir ein Stück weiter auf der Tour des nächsten Tages und landeten in der Untere Kapfenhardter Mühle, wo wir sehr komfortabel speisten und nächtigten. Ganz billig war das aber dort nicht.

Tag 8

Noch ein bißchen Schwarzwald, dann über den Rhein nach Frankreich. Die Rheinebene zwischen dem Schwarzwald und den Vogesen ist flach und langweilig zum Motorradfahren, daher wichen wir hier ein Stück auf die Autobahn aus. Bei Phalsbourg dann hinein in das Vogesenvergnügen. So interessant, wie es auf der Karte aussieht, ist es auch tatsächlich. Sowohl Gegend als auch Kurvigkeit erfüllten unsere Erwartungen – der Straßenzustand ist allerdings verglichen mit dem Schwarzwald eher Mittelmaß.

20080612-123602-misc.jpg 20080612-140552-andy.jpg In Frankreich dürfen natürlich die Éclaires, mit gekühltem Pudding gefüllte Brandteigteilchen, auf dem Speiseplan nicht fehlen. Hier gibt es die Dinger in jeder Bäckerei, und meistens sind sie sehr lecker.

Wir kürzten die geplante Strecke an diesem Tag schließlich ein wenig ab. Man wollte schließlich rechtzeitig zum Euro2008-Spiel Kroatien -. Deutschland   in einem Hotel mit Fernseher sein. Daher bogen wir auf der Höhe von Ribeauvillé nach Osten ab, statt südlich bis zur Höhe Mulhousé weiterzufahren. Das Sporthotel Kenzingen sollte dann die richtige Lokalität sein für das Fussballspiel.

Tag 9

20080613-132659-misc.jpg Ah, der Schwarzwald! Oh, der kälteste Tag der Tour! Im Schwarzwald gab es immer wieder Gewitter und auf der Schwarzwald-Höhenstraße hatte es tatsächlich nur 10 Grad. Nähe Baden-Baden fuhren wir dann wieder über den Rhein nach Frankreich. Statt uns durch die Gegend Karlsruhe zu schlagen, fuhren wir lieber durch die Nord-Vogesen. Nach der erneuten Querung der Grenze befanden wir uns dann in der Pfalz. Der Pfälzerwald ist hier eine hervorragende Möglichkeit, ein paar Kilometer Richtung Norden zu fahren.

Übernachtet haben wir in Haardt , welches zu Neustadt an der Weinstraße gehört. Dort im Haardter Herzel, einem schon sehr eigenem Hotel, zu dessen Zielgruppe wir eindeutig nicht gehören. Aufgrund der phantastischen Lage des Dorfes mit einem ausgezeichnetem Fernblick war der Preis nicht so niedrig, wie es der Standard der Zimmer erwarten ließ. Naja, bei jeder Tour gibt es einen Tag, an dem man dann schließlich so übernachtet, weil man längere Zeit nichts passenderes gefunden hat.

Tag 10

Nach einem einfachen Frühstück mit gut gemeinter, aber uns sehr quälender Volksmusik aus dem Radio machten wir uns wieder auf den Weg. Ein erneuter Abstecher in den Pfälzerwald brachte uns nach Bad Dürkheim. Ab hier muß man die Autobahn/Bundesstraße benutzen, wenn man nicht gerade gerne durch Städte fährt. Mannheim, Ludwigshafen/Rhein und viele kleiner Städte bilden hier eine große graue Masse auf der Karte.Erst bei Heidelberg kann man vorsichtig die Schnellstraßen verlassen.In Heidelberg scheinen sich 90% der Touristen, die Deutschland besuchen, zu konzentrieren. Aber Heidelberg ist für uns das Tor zum Odenwald, der uns bis zum Spessart bringt.

20080614-174344-misc.jpg 20080614-174037-misc.jpg Übernachtet haben wir in Rothenfels im Bayer Bräu. Diese Traditionsbrauerei in der kleinsten Stadt Bayerns wurde 1896 gegründet und von mir mit meinen Eltern bei Ausflügen an den Main schon besucht. Allerdings hatte ich noch nie dort übernachtet. Wenn man sich mit sehr einfachem Standard zurecht findet und vielleicht noch ein paar nostalgische Erinnerungen an das Haus der Oma hat, findet man hier eine preiswerte und gute Übernachtung nach dem Genuß des ausgezeichneten Bieres. Auch das Essen hat uns gut geschmeckt, so dass ich das Bayer Bräu jederzeit weiter empfehlen würde. Schade, dass der Tourismus die Konjunktur in Lohr, Marktheidenfeld, Wertheim (alle in direkter Nähe) ankurbelt, aber das nette kleine Rothenfels auszulassen scheint. Inzwischen hat das wohl auch Folgen gehabt, laut dieser Website ist die Brauerei seit 2011 geschlossen, das Bier wird an anderer Stelle gebraut. Die zugerhörige Kneipe mit Übernachtungsmöglichkeit sind hoffentlich noch dort …?

Tag 11

  • 20080615-092343-andy.jpg 15.6.2008
  • 520 km
  • 9 h 15 min unterwegs
  • 56 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit
  • Start:Rothenfels
  • Ziel: Zu Hause
  • kml-Track (für Google Earth)

20080615-135240-misc.jpg Der letzte Tag der Tour. Wir fuhren durch den Spessart, den Vogelsberg, an der Fulda entlang bis nach Melsungen. Am Vogelsberg wurden wir von einem Autorennen und insofern gesperrten Straßen von unserer geplanten Tour abgehalten, dennoch waren wir gegen 14:30 in Melsungen. Diese Stadt südlich Kassel hat den Vorteil, etwa gleich weit von Andys und meiner Heimat entfernt zu sein, daher war sie schon oft unser Treff- bzw Trennpunkt.

Alleine fuhr ich dann noch durch das Sauerland zurück, daher die relativ große Autobahnfreie Kilometerleistung an diesem Tag. Während ich Glück mit dem Wetter hatte, fuhr Andy durch starken Dauerregen, beide sind wir aber gut zu Hause angekommen.

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 Fazit

  • 20080615-184443-misc.jpg 11 Tage
  • 4430 km
  • 98 h 48 min unterwegs
  • 44,8 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit

Deutschland ist eine Reise wert, war klar. Aber mich hat überrascht, dass es mit einem GPS-Gerät und vorgeplanter Tour recht einfach möglich ist, unter Umgehung der großen Städte eine Strecke durch wunderschöne Gegenden zusammenzustellen, auf der man sehr wenig Menschen begegnet. Ab und zu mußten wir tatsächlich von der Route abweichen und uns vom Navi zur nächsten Tankstelle lotsen lassen, weil die Route an keiner solchen vorbei führte. Und wir sind nicht etwa Feldwege gefahren.

20080608-103826-misc.jpg Das Wetter war diesmal im Großen und Ganzen akzeptabel. Zwar hat es immer wieder gewittert und es hätte auch manchmal etwas wärmer sein können, aber die Wetter-Schlappe von 2007 hat sich nicht wiederholt.

Nochmal? Ja, gerne. Dabei würde ich mich etwas intensiver um den Bayrischen Wald und das Erzgebirge kümmern wollten. Dazu nehmen würde ich die Eifel und den Taunus, die haben wir bei dieser Tour leider aussen vor lassen müssen.