2025: Endurotraining

Wir wollten immer mal nach Hechingen, um ein Endurotraining zu machen. Einfach, um sicherer auf dem Moped zu sein, auch wenn mal ein Feldweg (oder noch schottrigeres) kommt. Irgendwie hat es nicht geklappt, Hechingen ist auch ganz schön weit weg. Irgendwie kam mir dann das Endurotraining im Mammutpark in Stadtoldendorf in den Blick. Das ist ja quasi in der Nähe von uns beiden. Angemeldet für Juni 2025, ein „2-Tages-Endurotraining Level 1 (Einsteiger)„. Kurz zum Preis geschluckt, aber, Spoiler: Das lohnt sich auf jeden Fall!

Es wird dort einiges (vernünftigerweise) vorausgesetzt. Protektoren sind Pflicht, genauso wie Endurostiefel. Endurostiefel habe ich nicht, nur die besten Reisestiefel, die es gibt: Daytona. Glücklicherweise werden dort für 30€/2 Tage Endurostiefel vermietet, wovon ich Gebrauch gemacht habe (da erstmal reinzukommen ist schon schwierig). Außerdem sind Stollenreifen Pflicht (und das ist sinnvoll!). Die draufziehen und hinterher wieder zurückwechseln ist teurer, als dort ein Leihmoped zu nehmen, was wir dann taten. Wir nahmen jeweils eine GS1300, um nahe an unseren Mopeds zu sein. Ich bin auch ganz froh, dass ich mein Moped nicht dem Matsch ausgesetzt hatte.

Andy und ich reisten am Tag vorher an. Abends gingen wir zum Griechen – hier muss man übrigens aufpassen, nicht in Ouzo ertränkt zu werden! Sehr leckeres Essen, blitzschnelle Bedienung.

Die Vermietung von Endurostiefeln dort ist ein Verlustgeschäft. Die Dinger müssen dauernd gereinigt werden und nach einem Jahr erneuert. Sie machen das, weil ansonsten andauernd Fussgelenke eingequetscht wurden. Das war nicht die einzige Geschichte dieser Art. Johannes (unser Trainer) erzählte zu Anfang beispielsweise, wir sollten uns merken, ob wir in der Ost- oder Westhälfte des Geländes seien. Grund: Wenn der RTW auf die falsche Seite fährt, braucht er 20 Minuten, um auf die richtige zu kommen. Er muss natürlich außen herum fahren und das Gelände ist 130 Hektar groß – ein ehemaliges Truppenübungsgelände. Die Kaserne dient als mietbare Unterkunft, hier gibt es 1-, 2- und Mehrbettzimmer, die meisten davon ohne Waschbecken o.ä.. Unsere Zimmer waren im zweiten Stock, die Waschräume, Toiletten und Duschen für Männer waren im 1. Stock. Nachts etwas unkomfortabel, aber für zwei Tage kann man das mal aushalten – ich schweife ab. Schauergeschichten gab es jedenfalls schon mal zu Hauf. Oft käme der Hubschrauber, manchmal vertun sich die Leute mit dem Gasgriff und fliegen vor einen Baum und so weiter. Ich bin nicht sicher, ob das nicht vor allem einen didaktischen Hintergrund hatte: Man passt besser auf, ist aufmerksamer, wenn man so etwas gehört hat. Hat jedenfalls funktioniert.

Am ersten Tag geht es um kurz nach 8 los mit Stiefel mieten, Haftungsausschluss unterschreiben, Trainervorstellung, Klamottencheck und Moped übernehmen. Um 9 fährt man dann los, 500 m weiter die Straße hoch links rein. Hier ist erstmal nur fester Schotter und alles flach. Es ging erstmal um Position auf dem Moped. Es wird grundsätzlich gestanden im Gelände, und Gelände ist auch schon ein Schotterweg. Raste vor der Ferse mittig des Fußes, Hände auf den Griffen (möglichst lastfrei, wenn Druck drauf ist, Hintern weiter raus), zwei Finger rechts auf der Bremse, zwei Finger links auf der Kupplung, und zwar _immer_! Ellbogen raus, was ein bisschen aussieht wie ein Orang Utan auf Angriff. Die ganzen Begründungen, warum man das machen soll, spare ich mir hier, aber es ist sinnvoll.

Wie man sich nach hinten lehnt beim Bremsen, nach vorne beim Gasgeben. Und das wird geübt. Zwischendurch wurde immer wieder Pause gemacht, es gab Kaffee, Wasser, Obst, Müsliriegel. Dann die erste Spaßeinlage: Eine Riesenpfütze. Es hatte die Tage vorher teils kräftig geregnet, als wir dort waren, war es sonnig bei 24-28 Grad. Perfekte Bedingungen also, für die schwarz gekleideten unter uns allerdings etwas warm. Die Pfütze sollte durchquert werden, wovor unsere Gruppe (sieben Männer, eine Person hatte abgesagt) doch Respekt hatte. Johannes machte das vor: Auch hier fährt man langsam, bei mir sind manchmal nicht mal die Stiefel nass geworden. Man möchte nicht, dass der nasse feine Schlamm das Moped vollsetzt und die Lager zerfrisst!

Übrigens werde die Mopeds von BMW (und anderen Marken, z.B. Yamaha) zur Verfügung gestellt oder geleast (das wurde nicht erklärt). Wohl erklärt wurde aber, dass die Dinger nach einem Jahr an den Händler zurückgehen. Dann sind sie sauber und möglichst intakt. Vermutlich werden sie verkauft – erinnert mich daran, dass ich beim Kauf eines Gebrauchtmopeds frage, was das Ding vorher gemacht hat!

Pfütze jedenfalls war schon mal super, alle hatten das Grinsen im Gesicht. Dann Mittagessen (es wurde Essen in die Küche in der ehemaligen Kaserne gebracht), Krustenbraten mit Beilagen. Als Vegetarier oder Veganer hat man es dort nicht leicht, das sollte man rechtzeitig anmelden – man bemüht sich aber. Der ansonsten sehr empfehlenswerte Grieche um die Ecke hat auf der Karte auch nicht viel Veganes …

Nachmittags ging es dann in den anderen Teil auf einen Moped-exklusiven Platz (ansonsten fahren dort haufenweise Geländeautos herum, von der leichten SUV-Variante bis zu Hardcoreautos ohne Straßenzulassung). Dort kamen wir dann erstmal an die unsere Grenzen. Ein etwa 5-6 m breiter Halbkreis wurde mit Pylonen gekennzeichnet. Die Aufgabe war: Reinfahren, Lenkimpuls mit den Fussrasten, rauslehnen für besseren Radius und an der richtigen Stelle wieder raus. Das Rauslehnen übten wir erstmal auf dem Hauptständer. Schwierigkeit: Blickführung. Weiß man in der Theorie alles, aber das in der Praxis (und auf Schotter) konsequent umsetzen ist etwas anderes. Funfact: Guckt man nicht dahin, wo man hinwill, kommt man da auch nicht hin. Und andersrum. Es ist so einfach und doch so schwierig.

Das Aha-Erlebnis war jedoch das Lenken mit den Fussrasten. War mir neu, man kann damit (im Stehen) das Moped schneller in eine Richtung bringen als mit dem Lenker. Ausweichen geht damit superschnell (im ersten/zweiten Gang im Gelände).

Nach einiger Übung haben wir das fast alle ganz gut hingekriegt. Dann fuhren wir noch eine Runde über das Gelände ohne schwierigere Stellen, nur Bekanntes und somit natürlich auch „unsere“ Pfütze. Dann ein alkoholfreies Bier und Schluss. Johannes hat das insgesamt aufgebaut wie aus dem Lehrbuch. Immer wieder Feedback eingesammelt, und wenn es nur ein „wie gehts Dir, alles gut?“ war. Am Ende jeder Übung wurde rumgefragt, wie es geklappt hätte. Obwohl er das sehr genau gesehen hat und auch schon während der Übung kommentiert hat.

In der abschließenden Runde des ersten Tages wünschten sich manche von uns weniger Pausen und mehr Praxis. Wie sich herausstellte, überschätzten wir uns damit …

Zum Griechen wollten Andy und ich nicht noch mal, so fuhren wir zum Rewe, kauften Bier, Brot, Käse, Schinken, Tomaten, Erdbeeren, … und setzten uns auf die Bierzeltgarnitur vor der Kaserne. Das war ein schöner Abend!

Am nächsten Tag wurden die Zügel etwas angezogen. Erste Übung: Man fuhr eine Steigung hoch und sollte mittig an der Steigung mit der Fussbremse den Motor abwürgen. Keinesfalls sollte Handbremse oder Kupplung gezogen werden (was nicht einfach ist, da sich das im Gehirn eingebrannt hat). Sinn: Man sollte lernen, dass die sicherste Methode, am Hang zum Notstop stehen zu kommen, mit der Motorbremse des ausgeschalteten Motors ist. Dann mit der Kupplung und nur der Kupplung langsam rückwärts runter, wenden, Motor an und raus.

Nächste Übung: Bergab fahren. Überraschenderweise Kupplung ziehen und mit der Handbremse vorsichtig Geschwindigkeit justieren. Klappt aber gut. Ansonsten gab es noch Bremsübungen: Gerade Strecke. An der ersten Pylone beschleunigen auf eine genehme Geschwindigkeit (bei mir etwa 45 km/h). An der zweiten Pylone voll auf die Fussbremse, bis die Karre steht und abgewürgt ist (wieder ohne Kupplung und Handbremse). Danach das ganze nochmal mit Handbremse (bei der BMW Teilintegral, hier bremst also die Fussbremse mit). Man lernt, dass das ABS auch auf Schotter hervorrragend funktioniert.

Mittags zum Griechen, ein Tisch war vorbereitet und das vorher morgens ausgesuchte Essen kam sofort. Mittags übrigens ohne Ouzo …

Zwischendurch immer wieder Runden über das Gelände, wobei Johannes immer schwierigere und interessante Passagen einbaute. Einmal ging es über ein paar Hügelchen, die nah beieinander standen, in einer leichten Kurve. Die Hügelchen waren etwa 80 cm hoch und recht kurz, so dass man fast immer aufsetzte. Man musste den richtigen Schwung haben, aber auch nicht zu schnell sein. Am Ende dieser Strecke war dann ein kleines Matschloch, was ich nicht ganz mittig nahm. Daraufhin rutschte das Vorderrad etwas nach links (hier hätte ich einen Gasstoß geben müssen, um da raus zu kommen – hatte ich nicht drauf). Ich verlor das Gleichgewicht, stieg nach rechts ab und rollte mich im Gras ab. Alles gut, Moped aufgestellt. Nun stand ich auf der falschen Seite, also das gemacht, was man so oft bei Youtube gesehen hat aber nie probiert hat: Moped in der Balance halten und immer mit Blick auf das Cockpit hinten rum gehen. Schon ist man auf der andern Seite, ganz einfach. Aus unserer Truppe gab es ca 3-4 Umfaller, es ist aber nix dabei passiert.

Die Runden wurden nun immer länger und schwieriger. Tiefe Matschpassagen, steilere Anstiege und Abhänge. Anstiege aus einer engen Kurve heraus, das gleiche auch wieder runter. Inzwischen konnten wir auf dem Gelänge von der Ost- auf die Westseite fahren, was über einen bewaldeten Berg geht mit viel Matsch. Zwischendurch dachte ich manchmal, jetzt könnte ich mal kurz anhalten und etwas entspannen. Manchmal. Ansonsten war es einfach geil! Johannes meinte hinterher, er sei mit uns Dinge gefahren, die eigentlich in diesem Kurs noch nicht Thema sein sollten, weil wir ziemlich gut dabei seien. Keine Ahnung, ob das stimmt, aber es geht runter wie Butter.

Übrigens ist die Kamera im Weitwinkelmodus, das sieht also manchmal unspektakulärer aus als es für einen offroad-Neuling ist:

Wenn das Video laggt (Server steht hier im Keller, Uplink lahmt), hier auch auf youtube.

Abschlussrunde: Viel Lob für den Trainer, viel Lob vom Trainer. Eine absolut runde Sache, wir haben schon das erweiterte Training ins Auge gefasst. Was den Preis angeht: Für die Leistung, die man bekommt, ist das absolut angemessen. Es gab immer Kaffee, Wasser, Snacks, Obst. Hinterher gab es T-Shirts, eine Urkunde, Gutscheine für Touratech, Aufkleber, Süsskram – eine ganze Tüte voller Kram. Teilweise natürlich gesponsert, aber trotzdem nehme ich einen 10%-Gutschein von Touratech gerne. Eine Fotocloud, wo die Fotos von Johannes zum runterladen zu finden sind, und wo wir unsere Fotos hochladen können. Und ganz viele andere Kleinigkeiten, die einfach nett sind.

Ich fuhr noch ein bisschen durch das Weserbergland (dort in der Nähe sind sehr fantastische Strecken: Solling, Grünenplan, Dassel, …) und dann die restlichen 100 km über die Bahn.

Fazit: Ich hätte nicht gedacht, dass man dabei so viel lernt, auch Dinge, die man onroad einsetzen kann. Ich bin froh, dass nix passiert ist und gut, dass man eigentlich immer langsam im ersten Gang unterwegs ist. Ich kann dieses Training uneingeschränkt empfehlen und würde immer wieder die 2-Tages-Variante nehmen.

Und jetzt? Endurourlaub einflechten? Noch ein fortgeschrittenes Training? Mal schauen.